Seit dem 07.09.2017 ist es offiziell: die North American Soccer League (NASL) wird ab dem kommenden Jahr ihren Status als Division II in der US-Fußballpyramide an die United Soccer League (USL) abtreten. Für viele, gleichzeitig auch für mich, kommt diese Entscheidung des US-Verbands äußerst überraschend, da die langjährige Liga Nummer 2 hinter der MLS insbesondere zu Beginn der laufenden Saison Fahrt aufnahm. Schließlich wurde die Insolvenz des Vorzeigeteams New York Cosmos abgewendet, das sich dank des neuen Investors Commisso sogar mit namhaften Verpflichtungen in die Spitzengruppe zurückkämpfen konnte. Der Spring Season Champion Miami FC erreichte im U.S. Open Cup das Viertelfinale und hinterließ ein positives Bild der gebeutelten Liga. Im kommenden Jahr soll mit dem kalifornischen NASL-Klub aus San Diego ein weiteres Team in den Betrieb einsteigen, das ohnehin von großen Spielern wie Demba Ba oder Eden Hazard unterstützt wird, sowohl im Marketing als auch im Sport also eine Bereicherung darstellen könnte. Aus meiner Sicht sprechen die Fakten also nicht unbedingt für eine Degradierung der NASL. Ich wittere andere Hintergründe.
Die Verbindungen zwischen der MLS und der USL sind nämlich klar erkennbar. Viel mehr wirkt die USL wie eine Farmliga der großen Nummer Eins im Lande. Nicht umsonst spielen die Zweitvertretungen zahlreicher MLS-Teams wie Toronto FC II oder LA Galaxy II allesamt in der aufsteigenden Liga. Weder die MLS als auch die USL äußerten sich konkret zu aufkommenden Forderungen, primär aus der NASL, nach einem Auf- und Abstiegssystem wie in Europa. Ein typisches Handicap-Match also…
Offensiv tat sich der Besitzer von Miami FC, Riccardo Silva, hervor, der sich nicht nur für den Aufstieg seines Teams aussprach, sondern der MLS einen lukrativen Fernsehvertrag mit einer festgeschriebenen Summe von 4 Millarden Dollar unterbreitete. Dieser war an die Bedingung geknüpft, endlich auf- und absteigen zu können. Natürlich stiegen Teams wie Rayo OKC oder die Fort Lauderdale Strikers aufgrund finanzieller Probleme aus dem Geschehen aus, dennoch zeigt Silva die massive Bereitschaft der Liga, sich langfristig mit der MLS konkurrieren zu wollen. Aus meiner Sicht sind diese Ziele zum aktuellen Zeitpunkt sehr gewagt und unrealistisch, da selbst der Tabellenführer Miami FC nicht in einem fußballspezifischen Stadion spielt, zudem Indy Eleven und die San Francisco Deltas sich möglicherweise ebenfalls vom Ligabetrieb abmelden möchten, aber sie zeigen das Streben der NASL nach Ruhm und Anerkennung vergangener Zeiten. Nicht einmal die USL weist viele fußballspezifische Stadien auf. Einzig der Zuschauergarant FC Cincinnati steigert von Woche zu Woche den Zuschauerdurchschnitt der Liga. Miami FC scheint im Namen der NASL wie der einzige verbliebene Boxer, der in Runde 12 noch immer Paroli gegenüber MLS und USL bietet.
Genialität und Wahnsinn liegen in der NASL nah beieinander. Einerseits gibt es finanzstarke, andererseits finanzschwache Teams. Ich halte mich aber an Sean Flynn, den CEO des Miami FC, der sagte: „We’re taking this action because we believe that the benefits of soccer should be shared by the many, not the few, and that soccer’s top division should include the best teams, not the teams that pay certain sums of money.“ Sowieso ist es ein Armutszeugnis, dass der erfolgreichste Verein des Landes, New York Cosmos, nicht in der höchsten Spielklasse mitspielen darf. Bis dahin bleibt das Schiff der Liga intakt, lediglich die Einstufung hat sich verändert. Die NASL baut sich ihr Paralleluniversum auf. Fans der NASL haben auch weiterhin Gründe, die Zukunft zu verfolgen. Das Projekt des Fußballvereins aus San Diego macht Mut und zeigt, dass sich die NASL nicht freiwillig ins dritte Glied zurückziehen will. Wenn wir ehrlich sind: wahre Fans machen ihre Unterstützung nicht von einer Einstufung eines Verbandes abhängig.