Im zweiten Teil unserer Saisonvorschau sind diesmal erneut vier Teams dabei, die die Playoffs 2018 verpasst haben. Was nicht bedeutet, dass zwei der vier Mannschaften komplett enttäuscht sein müssen: Der Toronto FC startet als kanadischer Meister trotzdem in der Champions League, ebenso der U.S.-Open-Cup-Gewinner (amerikanisches Pendant zum DFB-Pokal) Houston Dynamo.

CHICAGO FIRE
Das Franchise aus „Windy City“ ist in Deutschlands Medienlandschaft wohl das Team, über das neben LA Galaxy und Atlanta United am meisten berichtet wird. Der Grund dafür hat wenig sportliche Gründe, denn Fire spielte eine schwache Spielzeit 2018. Viel mehr ist es Weltmeister Bastian Schweinsteiger, der das Interesse hierzulande wach hält. Seine persönliche Saison war in Ordnung, solide – nicht mehr, nicht weniger. Ohne den erfahrenen „Schweini“, der das Spiel oft aus der Abwehr heraus ordnen musste, hätte es womöglich noch düsterer ausgesehen.
Gibt es viel Hoffnung auf eine bessere Spielzeit? Schweinsteiger selbst sprach in einem Interview davon, Hoffnung auf die Meisterschaft zu haben. Eine Aussage, die in Zeiten von Medien und Publicity vielleicht so gemacht werden muss – sportliche Fakten für diese Einschätzung sind eher rar gesät. Der Kader hatte 2018 zu wenig Tiefe; auf dem Platz fehlte es an Kreativität um wirklich gefährliche Situationen hervorzurufen. Im Tor herrschte deutlicher Bedarf nach einem Upgrade. In der Pause arbeitete man deshalb nun vor allem daran, diese Schwächen abzustellen.
Personell wurde aufgerüstet, mit Marcelo (Sporting CP) kam ein erfahrener Innenverteidiger; der neue Flügelflitzer Przemyslaw Frankowski ist immerhin polnischer Nationalspieler. Der dänische Keeper David Ousted verlor seinen Stammplatz bei D.C. United und nimmt nun in Chicago einen neuen Anlauf. Ein wichtiger Move war auch die Vertragsverlängerung von Johan Kappelhof. Was die Abgänge angeht, dürfte vor allem Matt Polsters Transfer zu den Rangers (Schottland) schmerzen, ihn hätte man gern gehalten.
Trainer Paunovic liebt es, taktische Dinge zu verändern, weshalb eine Einschätzung schwer fällt, in welcher Aufstellung Fire in der kommenden Saison antreten wird. Auch davon wird abhängen, ob das schwache Vorjahr vergessen gemacht werden kann. Potential kann man der Mannschaft nicht absprechen, die Neuzugänge machen vom Papier her einen guten Eindruck.
Fazit: Chicago Fire hat eine Chance auf die Playoffs, wenn die Neuen einschlagen. Dennoch dürfte spätestens dort schnell Feierabend sein, für mehr fehlt nach wie vor die Ausgewogenheit im Kader.

TORONTO FC
Vor einem Jahr stand der Toronto FC vor dem großen Triumph. Man hatte gerade die größte Saison in der MLS-Geschichte hinter sich gebracht und schlug die mexikanischen Topklubs auf dem Weg durch die CONCACAF Champions League. Man erreichte das Finale. Und dann passierte das, was nicht passieren sollte: Der TFC verlor das Finale. Im Elfmeterschießen. Und alles brach zusammen.
In der Saison 2018 gelang den Kanadiern kaum etwas. Die vorher unbezwingbare Verteidigung zeigte plötzlich ungeahnte Schwächen, am Ende landete man 14 Punkte hinter einem Playoff-Platz. Waren die Gedanken noch bei der bitteren Niederlage? Oder waren Verletzungen und Formkrisen schuld? Auch die Starspieler Giovinco und Altidore konnten den Niedergang nicht verhindern.
Im Januar 2019 machte Toronto deshalb einen personellen Schnitt. Mit Ali Curtis kam eine neuer General Manager. Der deutete recht schnell an, dass kein Stein auf dem anderen gelassen werden würde, um den Erfolg zurück zu holen. Mit dem Abgang von „Atomic Ant“ Sebastian Giovinco verliert nicht nur der Klub, sondern die ganze MLS einen echten Star, der die letzten Jahre im US-Soccer prägte. Auch Gregory van der Wiel ging, ebenso Victor Vazquez. Alles auf Null gestellt. Dafür kam mit Terrence Boyd (SV Darmstadt 98) ein neuer Angreifer, der bisher jedoch kaum als Torjäger in Erscheinung trat. Besonders der Transfer von Laurent Ciman war wichtig, er soll der Abwehr wieder mehr Stabilität geben.
Fazit: Selbst wenn der neue General Manager Ali Curtis die verlorenen Schlüsselspieler ersetzen kann, wird das Team einige Zeit brauchen, um sich zu festigen. Playoffs scheinen im Idealfall möglich, doch dafür sollten noch weitere Neuzugänge kommen. Ansonsten wäre auch eine weitere Saison ohne Postseason drin. Vielleicht gelingt ja eine Überraschung in der Champions League, für die man sich über den Titel als kanadischer Meister qualifizierte.

MINNESOTA UNITED
In den ersten beiden Saisons seiner MLS-Geschichte holte United jeweils 36 Punkte – viel zu wenig, um auch nur annähernd in Playoff-Nähe zu kommen. Positiv konnte Darwin Quintero herausstechen, der in 27 Spielen durch eigene Treffer und Assists an 24 Toren beteiligt war. Genau hier liegt eines der Probleme: Minnesota war zu abhängig von dem starken Kolumbianer. Die viel größeren Schwierigkeiten im Team von Adrian Heath lagen allerdings in der Defensive.
Genau hier wurde angesetzt: Mit Verteidiger Ike Opara (Sporting KC) und Mittelfeldspieler Osvaldo Alonso (Seattle Sounders) wurde dem Kader immense Qualität und Erfahrung zugefügt. Opara war „MLS Defender of the year 2017“, er soll die wacklige Abwehrreihe stärken. Mit dem defensiven Mittelfeldspieler Alonso wird ebenfalls eine Baustelle geschlossen, die 2018 mehr als brüchig war. 71 Gegentore kann man nicht ignorieren. Der einzige Haken könnte dabei die Verletzungsanfälligkeit des Kubaners sein.
Mit dem slowakischen Mittelfeldmann Jan Gregus (FC Kopenhagen), der als DP verpflichtet wurde, und dem französisch-magadassischen RV Romain Métanire wurden ebenfalls vielversprechende Spieler gebunden. Zudem soll sich der ehemalige Arsenal-Torhüter Vito Mannone mit dem bisherigen Keeper Shuttleworth einen echten Zweikampf um die Nummer Eins liefern.
Ein weiterer Pluspunkt: Das neue Stadion. Bisher war das Franchise nur Untermieter im „TCF Bank Stadium“, jetzt ist das eigene „Allianz Field“ fertig und wurde im Oktober 2018 erstmals inklusive seiner Fassade beleuchtet. Es ist ein echtes Schmuckstück, dürfte meist ausverkauft sein. Seine Kapazität entspricht in etwa dem letztjährigen Zuschauerschnitt.
Fazit: Minnesota United hat im Winter alle Aufgaben erfüllt, um eine der positiven Überraschungen der kommenden Spielzeit zu werden: Schicke Arena, gute Neuzugänge. Zusammen mit der erfolgten Aufstockung von 6 auf 7 Playoff-Teilnehmer pro Conference könnten die „Loons“ damit erstmals ernsthaft um ein Weiterkommen mitspielen. Um sich etwas aus dem Fenster zu lehnen – sie werden es schaffen!

HOUSTON DYNAMO
Wie rettet man eine verkorkste Saison ohne Playoffs? Richtig, man gewinnt einfach den Pokalwettbewerb. So geschehen bei Houston Dynamo, die die MLS Regular Season nur auf Rang 17 beendeten, gleichzeitig aber im Lamar Hunt U.S. Open Cup das Finale gegen Philadelphia Union mit 3:0 gewannen. Damit nehmen die Texaner 2019 sogar an der CONCACAF Champions League teil. Dennoch war 2018 ein eher gebrauchtes Jahr, von dem man nach einer überragenden 2017er Regular Season und dem Gewinn der Western Conference viel mehr erwartet hatte. Der Pokalsieg zeigt auch, dass deutlich mehr drin gewesen wäre.
Einige Spieler verließen Houston, unter anderem der erfahrene Schweizer Senderos, der keinen neuen Vertrag erhielt. Andrew Wenger beendete seine Karriere. Auf der Seite der Neuzugänge wurden mit einem vergleichsweise eher geringen Budget recht gute Kicker an Land gezogen: Tommy McNamara kam von New York City FC, Chris Duvall von Montreal Impact, Marlon Haiston von den Colorado Rapids. Interessant ist auch der kantige Aljaz Struna (US Palermo), der aus der italienischen Serie B kommt. Er dürfte ein Starter werden – ob er die Baustelle Innenverteidigung wirklich schließen kann bleibt abzuwarten.
Viel wichtiger als die Neuzugänge ist vor allem der Verbleib von Alberth Elis, der im Winter bereits so gut wie zu Fenerbahce gewechselt war, der Deal aber platzte. Das Problem dabei: Houston wird Elis wohl spätestens im Juli verlieren, dann sollte ein adäquater Ersatz gefunden werden. Der Rechtsaußen traf in 30 Spielen 11 mal und bereitete weitere 9 Treffer vor. Zusammen mit Manotas und Quioto bildet er eine starke Offensive.
Fazit: Der Kader wurde insgesamt breiter aufgestellt, ausscheidende Spieler wurden zumeist durch jüngere und potentiell bessere Spieler ersetzt. Damit bewegt sich Dynamo auf einem Niveau mit vielen Teams, die um einen Playoff-Platz kämpfen. Wenn die Abwehrprobleme in den Griff bekommen werden und die ohnehin starke Offensivreihe ihren Job tut, ist dieser durchaus drin. Um aber mit den Großen ins Duell zu gehen, muss ein deutlicher Schritt nach vorn gemacht werden, vor allem defensiv.