Mitriță – der rumänische Messi?

„Alex … Wer?“ Als die Gerüchte um einen Transfer von Alexandru Mitriță zum NYCFC erstmals aufkamen, war das die typische Frage von Fans der „Sky Blues“ – sofern sie keine rumänischen Wurzeln haben.

In Zeiten des Internets ist es dieser Kategorie von Spielerverpflichtungen mittlerweile ein festes Ritual, den Namen des unbekannten Fußballers in die Youtube-Suchleiste einzugeben und Best-of- Videos des umworbenen oder bereits gekauften Kickers angezeigt zu bekommen.

Die Überschriften verheißen dabei stets Großes. Egal welcher No-Name-Spieler auch gesucht wird, stets prangen dort Beschreibungen wie „Next Big Thing“, „The Diamond“, „SuperKid“ oder „Future GOAT“. Im Fall von Mitriță wurde nicht weniger dick aufgetragen – „The Romanian Messi“ fiel als Titel sofort ins Auge.

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„Alex … Wer?“

Als die Gerüchte um einen Transfer von Alexandru Mitriță zum NYCFC erstmals aufkamen, war das die typische Frage von Fans der „Sky Blues“ – sofern sie keine rumänischen Wurzeln haben.

In Zeiten des Internets ist es in dieser Kategorie von Spielerverpflichtungen mittlerweile ein festes Ritual, den Namen des unbekannten Fußballers in die Youtube-Suchleiste einzugeben und Best-of- Videos des umworbenen oder bereits gekauften Kickers angezeigt zu bekommen. Die Überschriften verheißen dabei stets Großes. Egal welcher No-Name-Spieler auch gesucht wird, stets prangen dort Beschreibungen wie „Next Big Thing“, „The Diamond“, „SuperKid“ oder „Future GOAT“. Im Fall von Mitriță wurde nicht weniger dick aufgetragen – „The Romanian Messi“ fiel als Titel sofort ins Auge.

Foto: New York City FC

Doch wer ist der Stürmer aus dem Land der Karpaten, den sich New York satte 7,4 Millionen Euro kosten ließ und das ihn zum Designated Player machte? Machen wir es kurz: Der neue Lionel Messi ist Mitriță nicht. Auch wenn es gewisse Parallelen in der Spielweise gibt, vielleicht auch beim Körperbau, so würde ein Vergleich mit dem Argentinier böse enden. Das wäre in etwa so, als wenn man einen regionalen Maler damit beauftragt, die Decke einer weltbekannten Kapelle zu bemalen, weil ihn irgendwann mal jemand mit Michelangelo verglichen hat. Mitriță ist kein Michelangelo. Aber er ist auch kein untalentiertes Vorschulkind, bei dem selbst Mama und Papa schockiert sind, wenn es ein Bild für sie malt. Mitriță liegt irgendwo dazwischen. Wo genau? Um dieses Dunkel etwas zu lichten, blicken wir zunächst auf seine ersten Schritte in Richtung Profikarriere.

Die frühen Jahre

Mitriță beginnt seine Karriere bei CS Turnu-Severin, einem rumänischen Zweitligisten. In der Saison 2011/12 macht er 4 Spiele, wechselt dann im Sommer 2012 zu Erstligist FC Viitorul (dem Klub des ehemaligen rumänischen Nationalspielers Gheorghe Hagi) und steht in seiner dortigen Debütsaison in 7 Spielen auf dem Platz. Sein Talent wird dabei recht schnell deutlich; der quirlige und technisch starke Angreifer macht Eindruck. Hierbei spielt er entweder auf dem Flügel oder hinter einem echten Stoßstürmer.

In der Spielzeit 2013/14 wird Steaua Bukarest auf ihn aufmerksam. Der Klub spielt in der Champions League, wodurch der eigene Nachwuchs in der UEFA Youth League starten darf. Die Chance für Steaua, sich im Jugendbereich mit den Besten der Welt zu messen. Um in diesem Wettbewerb -mit den Gegnern Chelsea, Schalke und Basel- nicht komplett unterzugehen, verstärkt sich der Traditionsklub mit einigen U19-Talenten, unter anderem Mitriță. Der spielt dabei vor allem als vorderste Spitze, beim einzigen Sieg in Basel schießt er ein Tor und bereitet zwei weitere Treffer vor. Dennoch reicht das nicht, um in die nächste Runde einzuziehen – und auch nicht für einen Durchbruch bei Rekordmeister Steaua. So spielt Mitriță in der Rückrunde wieder für den FC Viitorul; pendelt dabei wieder auf allen Positionen der offensiven Dreierkette. In der darauffolgenden Saison 2014/15 gelingt ihm endgültig der Durchbruch als Stammspieler, er macht 29 Spiele (davon 23 von Beginn an), trifft viermal.

Aufbruch ins Neuland

Im September 2015 verpflichtet der italienische Zweitligist Delfino Pescara den 20jährigen Stürmer, der es allerdings schwer hat, sich an die neue Herausforderung zu gewöhnen. Erst in der zweiten

Saisonhälfte kommt er zu mehr Spielanteilen, Pescara steigt am Ende in die Serie A auf. Der Einfluss von Mitriță auf diesen sportlichen Erfolg ist zugegeben klein, was sich auch in der Folgesaison nicht ändern sollte. Zwar spielt er 15 mal in Italiens Eliteliga, macht ein Tor und kommt auf 3 Assists, meist kommt er dabei aber von der Bank. Der italienische Fussball ist für den Rumänen kaum das richtige Pflaster, wie er Jahre später in einem Interview zugibt. Stark defensiv eingestelltes, taktisch geprägtes Spiel – Gift für einen Wirbelwind und Freigeist wie Mitriță. Wenig hilfreich ist dabei auch eine Verletzung, die ihn zurückwirft, und die sportlich schwache Saison von Pescara, das am Ende abgeschlagen auf dem letzten Platz landet. Abstiegskampf mag für einen jungen Innenverteidiger ein Stahlbad sein, das ihn stärker macht. Für einen 1,67 Meter großen Offensivspieler, der als Einwechselspieler in bereits verlorene Schlachten geworfen wird, um nochmal Impulse zu geben, ist er die Hölle.

Schritt zurück nach vorn

So geschieht im Sommer 2017 das, was nach einem Abstieg oft passiert: Tabula Rasa beim Absteiger. Alte Spieler gehen, neue Gesichter kommen; der Schnitt betrifft auch Alexandru Mitriță, der zurück in seine Heimat wechselt. Bei CS Universitatea Craiova will er einen Neustart machen, was sich im Rückblick als eine Top-Entscheidung herausstellen wird. Denn Mitriță schlägt voll ein, macht 2017/18 in 38 Pflichtspielen stattliche 16 Tore, obwohl er fast nie in vorderster Spitze spielt. Die Polyvalenz, die ihn in seiner bisherigen Karriere auszeichnet, kommt auch in dieser Spielzeit deutlich zum Ausdruck. Linker oder rechter Flügel, offensives Mittelfeld oder „Falsche 9“ – Mitriță spielt überall und ist damit für seine Gegner kaum auszurechnen.

Dann macht er 2018/19 den nächsten Schritt in seiner Entwicklung. Mitriță führt sein Team nun auch als Kapitän aufs Feld, scheitert im Sommer in der Quali für die Europa League nur knapp an RB Leipzig. In der Liga läuft es besser: 16 Startelf-Einsätze bis zum Winter, 12 Tore, 4 Assists. Mittlerweile ist der Offensivspieler ein fester Bestandteil des Nationalelf-Kaders seines Landes, spielt unter anderem in der Nations League für Rumänien. Danach ereilt ihn der Ruf aus Amerika: Der New York City FC hatte Mitriță als seinen neuen DP ausgemacht, am 4. Februar 2019 ist der Deal offiziell. Ein Deal, der ihn zum teuersten NYCFC-Neuzugang aller Zeiten macht. Zugegeben, der Name Mitriță sorgt kaum für Euphorie bei den Fans. Kein Hype, wie das bei den Verpflichtungen von Pirlo, Lampard und Villa der Fall war.

Kein Messi, kein Villa

Bei einer Einschätzung seiner Fähigkeiten sollte man differenziert vorgehen. Wie bereits deutlich gemacht: Wenn man einen Messi erwartet, wird man enttäuscht sein. Auch wenn Mitriță flink unterwegs und durchaus ballgewandt ist, seine Scorer-Qualität zugenommen hat – einem Vergleich mit dem Weltstar kann er nicht standhalten. Und im Ernst: Das erwartet auch niemand. Worauf man viel mehr achten sollte: Ihn nicht als Knipser-Ersatz für David Villa zu sehen. Alexandru Mitriță ist kein Mittelstürmer, der mit einem Ballkontakt das Torekonto seines Klubs nach oben stellt. Vielmehr ist er ein Wandler zwischen den Offensivpositionen, schwer zu greifen, mit einem Schuss Kreativität. Gerade in einer Liga wie der MLS, die auf den Verteidiger-Positionen teils schwächer besetzt ist, könnte der Rumäne ein belebender Faktor sein. Keine typische „Nr. 9“ – die laut Coach Torrent auch noch gesucht wird –, aber ein starkes Angriffselement.

Mit 24 Jahren ist Mitriță zudem in einem Alter, in dem es noch Luft nach oben geben dürfte, der zweite Schritt raus aus Rumänien diesmal klappen soll. Mit guten Leistungen in der Major League Soccer könnte in 2-3 Jahren sogar noch einmal eine europäische Topliga winken, auch wenn das dann eher nicht die Serie A ist. Aber Spanien? Deutschland? Warum nicht.

Voraussetzung ist, dass Mitriță in New York abliefert. Sein ständiges Pendeln zwischen den Positionen, gepaart mit der zuletzt gezeigten Kaltschnäuzigkeit – diese Attribute machen Mitriță zweifelsfrei zu einem der interessantesten MLS-Neuzugänge in dieser Winter-Transferperiode. Dass er dabei unter anderem -neben Lionel Messi, versteht sich- Sebastian Giovinco als Vorbild angibt, ihn bewundert, ist eine nette Anekdote für einen Spieler, der nun ausgerechnet in die Liga wechselt, in der eben dieser Italiener einen so großen Fußabdruck wie kaum ein anderer hinterlassen hat.

Das Video vom „Romanian Messi“ ist übrigens mittlerweile von Youtube verschwunden, womit man dem neuesten NYCFC-Designated-Player einen echten Gefallen getan haben dürfte. Denn einem Messi-Vergleich hält niemand stand. Vielleicht gibt es aber in einigen Jahren junge Talente aus den US-Academies, die plötzlich auf der Bildfläche erscheinen und als neuer „American Mitriță“ gefeiert werden. Dann hätte der rumänische Messi Eindruck hinterlassen. Zu gönnen wäre es ihm.

Apropos Mitriță: Ausgesprochen wird er „Mitritza“, mit der Betonung auf dem zweiten i.

Dieser Beitrag wurde geschrieben von Sascha Büttner.

Mehr von Sascha gibt es unter @MLSFanGermany auf Twitter.

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