Die folgenden Zeilen schreibt eine Person, die seit Jahren ein Fan von Mike Petke ist und seinen Weg seit etlichen Jahren beobachtet. Aus diesem Grund kann das folgende auch nicht vollumpfänglich Neutral sein, sondern soll vor allem die Zerrissenheit eines Fans darstellen, der beiden Seiten irgendwie folgen kann.
Mike Petke entlassen
In der Nacht von Sonntag auf Montag gab Real Salt Lake in einer Pressemitteilung bekannt, dass sie den Arbeitsvertrag mit ihrem Headcoach Mike Petke mit sofortiger Wirkung beendet hatten. Ursprünglich hatte Petke bereits von seinem Club die höchste Strafe erhalten, die jemals einem MLS Trainer verordnet wurde, indem sie ohne Bezahlung für 2 Wochen inkl. der 3 MLS Spiele sperrten sowie eine Strafe über 25.000$ aussprachen. Nach der offiziellen Meldung des Clubs hätte man sich danach jedoch noch einmal intern besprochen und den Austausch mit der Community geführt, weshalb man zu dem Entschluss kam, Petke zu entlassen.
Der Moment
Am 25. Juli 2019 empfing das Team im Rahmen des Inaugural Leagues Cups die Gäste vom mexikanischen Club Tigres UANL. Die umkämpfte Partie endete 0-1 für die Gäste und die Szene, die nun für Ärger sorgt, folgte im Anschluss daran. Nach dem Abpfiff lief Mike Petke zuerst zu dem Trainer des Gästeteams, gab diesem die Hand und lief anschließend direkt auf das Schiedsrichtergespann zu und sprach emotional auf sie ein. Was er sagte war zu dieser Zeit in den TV Aufnahmen nicht zu hören.
Leider gibt es derzeit nur noch diesen kurzen Ausschnitt zu sehen, denn eigentlich dauerte die Szene noch weiter an. Der Zuschauer konnte sehen, wie Petke auf die Schiedsrichter einredete und auch von einer roten Karte und den Mitarbeitern von Real Salt Lake, die ihn versuchten wegzuschieben, nicht gestoppt werden konnte. Es bedurfte anschließend mehrerer Real Salt Lake Mitarbeiter, um Petke von den Schiedsrichtern wegzudrängen.
Die Strafe der MLS und von Real Salt Lake
Bereits in den Tagen danach hatte die MLS Petke gesperrt und Real Salt Lake folgte dieser am 30.Juli. Ganz offensichtlich war zu dieser Zeit bereits längst bekannt, was Mike Petke gesagt hatte, denn die MLS verurteile ihn zusätzlich zu einem Anti-Aggressionstraining, Sensibilisierungs- und Diversitätstraining.
“There is absolutely no place for this type of behavior in our society, and Major League Soccer does not tolerate the repugnant language used by Mr. Petke. All MLS players, staff and fans must know that these comments are unacceptable, and I am extremely disappointed that a leader of one of our clubs used such insensitive language. We are committed to providing an environment in which all individuals are treated with dignity and respect at all times.”
MLS Commissioner Don Garber zu der Strafe gegen Mike Petke
In der breiten Öffentlichkeit war zu dieser Zeit kaum bekannt, was tatsächlich vorgefallen war. Dies wurde erst Publik, als Real Salt Lake ihn schließlich entließ. Warum erst nach fast 2 Wochen die Steigerung der Strafe entschieden wurde ist nicht bekannt, denn sehr offensihtlich war bereits wenige Tage nach dem Spiel ermittelt worden, was Petke gesagt hatte und dass der Zettel, den es Gerüchten zufolge gab, zu dieser Zeit noch nicht bekannt war, ist unglaubwürdig.
Was war passiert?
Nach der Entlassung Petkes vermehrten sich die Meldungen, dass dieser zu dem Schiedsrichter das spanische Wort „Puto“ gesagt hätte und später dem Schiedsrichter noch einen Zettel zukommen lassen sollte, auf dem das gleiche Wort stand.
Mike Petke ist bekannt für seine Emotionalität und hatte nicht die erste Auseinandersetzung mit einem Schiedsrichter. Auch eine Strafe durch die MLS ist für ihn nicht neu. Bei den Fans ist er für diese kritische Haltung der Liga und ihrer Schiedsrichter gegenüber sehr beliebt. Bis dato setzte er sich immer für seine bisherigen Clubs, die New York Red Bulls und Real Salt Lake, engagiert ein. Leidenschaft für den Sport und den Club ist etwas, was Petke gut beschreibt und auch Real Salt Lake nutzte diesen Charakter für sich, indem man gern Berichte über seine „passionate, heated personality“ veröffentliche.
Doch jede Leidenschaft und Emotionalität hat natürlich eine Grenze und gerade in der MLS, die seit Jahren versucht den Begriff „Puto“ aus den Stadien zu verbannen, ist ein hartes Durchgreifen bei einer Vorbildfigur, wie einem Trainer, wenig überraschend.
Der Begriff „Puto“
In der Latin Futbol Community hört man diesen Begriff in Stadien Zentralamerikas sehr. Dort ist es fast die Regel, dass bei einem Abstoß eines Torhüters die Fans jenes laut Brüllen und wer schon einmal im Stadion eines Liga MX oder der mexikanischen Nationalmannschaft war, wird diesen sehr häufig gehört haben.
So war es auch bei dem Spiel zwischen Real Salt Lake und Tigres, in dem die mexikanischen Fans den Begriff immer wieder riefen und dies im Stadion deutlich mehrfach zu vernehmen war.
Das soll für Petkes Verhalten keine Entschuldigung sein, kann jedoch erklären, warum ihm ausgerechnet dieser Begriff durch den Kopf ging.
Der Begriff als solches brachte auch die FIFA schon mehrfach in schwierige Situationen, denn er hat viele verschiedene Bedeutungen und wird in verschiedenen Ländern unterschiedlich ausgelegt.
Als mexikanische Fans das Wort während der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland riefen, wurde davon kaum Notiz genommen und noch 2014 entschied die FIFA während der Weltmeisterschaft, dass dieser nicht beleidigend sei. Danach folgte dann jedoch ein Wandel in den Entschiedungen, die mehrfach zu Strafen gegen den mexikanischen Verband führten.
Der Grund ist die unterschiedliche Auslegung. So bedeutet er in Argentinien „Schwuchtel“ und ist damit eindeutig homophob, während er in Mexiko mit „verdammt“, „Scheiße“ oder „mies“ übersetzt werden kann. In der Situation eines Abstoßes dürfte jedoch eher die Bedeutung des „Schwächlings“ gemeint sein, wobei auch „Idiot“ eine richtige Übersetzung wäre.
Auch wenn die MLS sich seit Jahren bemüht den Begriff nicht in die Stadien zu lassen, hört man ihn auch dort regelmäßig in den Fangruppen von LA Galaxy und dem New York City FC.
Was meinte Petke?
Mike Petke handelte in dem Moment, in dem er den Schiedsrichter beleidigte (es heißt auch, dass er auch Motherfucker gesagt hätte), in jeder Hinsicht unprofessionell und sein Verhalten war ohne Frage gänzlich inakzeptabel.
Mittlerweile hat er sich geäußert und schreibt:
Interessant und vor allem kritisch zu sehen ist, dass Mike Petke sich an keine Stelle entschuldigt. Genau das wäre jedoch der richtige Weg gewesen, dieser Situation vernünftig entgegen zu stehen. Eine Entschuldigung an die LGBQT- Community wäre meiner Meinung nach ein richtiges Zeichen gewesen, denn auch wenn Mike Petke christlich und männlich zivilisiert wurde, hatte man bisher durchaus den Eindruck, dass er nichts gegen die LGBQT- Community hätte. So ist es in der MLS normal, dass eben jede regelmäßig von den Teams, Spielern und auch Trainern gewürdigt wird und ihren Höhepunkt im Pride Month erlebt.
Ein persönliches Fazit
Real Salt Lake hat mit seiner Entscheidung ein sehr deutliches Zeichen gesetzt. An seine Fans, an die LGBQT – Community und auch an die FIFA, die in ihren Entscheidungen um homophobische Situationen längst nicht so konsequent ist.
Mike Petke verlor in dieser Situation die Kontrolle über sich und sagte etwas, was er nun mit Sicherheit, zu dieser Zeit vermutlich aber auch gar nicht so meinte, wie es aufgefasst werden kann. Sein Verhalten war dumm, denn ein entscheidender Punkt als Trainer ist es, ein Vorbild für andere zu sein und das war er nicht. Dieser kurze Moment wird für ihn jetzt viel bedeuten, denn es ist fraglich, ob er in der MLS noch einmal die Chance bekommen wird den Posten des Headcoaches zu übernehmen.
In der MLS Fanszene wird die Entscheidung übrigens durchaus kritisch und als zu hart betrachtet, wobei oft auf die Bedeutung des Wortes „Puto“ dabei mit angeführt wird.
Doch auch als Fan von Mike Petke muss man einsehen, dass weder Trainer noch Spieler ein solch umstrittendes Wort aussprechen darf, denn es würde immer andere treffen, auch wenn es nicht gewollt war. Ein solches Verhalten lässt sich nur schwer Entschuldigen. Auch wenn es trotzdem ein bisschen schmerzt, dass man seinen Lieblingstrainer der Liga künftig nicht mehr sehen wird.
Aus politisch, gesellschaftlicher Sicht war diese Entscheidung von Real Salt Lake genau das Mittel, um diesem einen Riegel vorzuschieben. Solche Begriffe gehören nicht in das Team und die Liga, denn